Samstag, 6. April 2019

Jede Beschwerde ist wertvoll - beim ersten Mal!

Eine Beschwerde ist kostenlose Beratung durch meinen Kunden.

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Beschwerden bedeuten Stress. Für den der sie vorbringt aber auch für den der sie entgegennehmen muss. In vielen Fällen sorgt diese Kombination dafür, dass am Ende die Stimmung richtig schlecht ist. Denn dann hat nicht nur ein Produkt oder eine Dienstleistung nicht das erbracht was erwartet wurde, sondern auch die Beschwerde wurde aus der Sicht des Kunden nicht so abgewickelt und aus Sicht desjenigen der die Beschwerde entgegennimmt war es ein sehr unangenehmes Gespräch, das wiederum nicht zu dem geführt hat was er erhofft hat - nämlich einem zufriedenen Kunden zu haben. Eine echte lose-lose-Situation.

Mehr als die Hälfte aller Kunden sind nach einer Beschwerde noch unzufriedener als zuvor und darüber hinaus beschweren sich Kunden erst dann, wenn sie eine gewisse Frustrationsgrenze überschritten haben. Wenn etwas Gröberes nicht funktioniert hat, daher sind sie auch entsprechend aufgebracht. Das ist die eine Seite und auf der anderen Seite löste die Konfrontation mit einem aggressiven Kunden, oder zumindest mit einer sehr deutlich vorgebrachten Beschwerde, beim Servicemitarbeiter wiederum Stress aus und eine Abwehrhaltung des Servicemitarbeiters wird die Folge sein. Damit gehen unter Umständen sehr wertvolle Informationen für das Unternehmen verloren und es besteht die Gefahr, dass der Kunde verloren geht.



Manchmal ist es interessant die Dinge von der anderen Seite zu betrachten. Wir wollen uns zwar mit der ordentlichen Abwicklung einer Beschwerde beschäftigen, aber schauen wir uns vorab einmal an was Sie tun könnten wenn Sie Service-MitarbeiterIn sind, oder einfach nur Kundenkontakt haben, damit eine Beschwerde so richtig Fahrt aufnimmt, dynamisiert und eskaliert. Damit ein richtiger Streit daraus wird.

Nun das Erste was Sie machen können: Sie können die Beschwerde einmal grundsätzlich anzweifeln. 

„Das kann ich mir gar nicht vorstellen, dass unser Gerät so einen Fehler hat!“ und dann spüren Sie richtig, dass der Adrenalinspiegel des Beschwerdeführers ansteigt, aber da gibt es noch mehr. 




Sie können natürlich auch dem Kunden die Schuld geben.

„Da müssen Sie irgendetwas falsch gemacht haben!“ und da explodiert der Druckkochtopf bald. Das lieben Kunden ganz besonders und wenn Sie Kunde sind kennen Sie das auch. Wenn die Tatsachen umgedreht werden. Es kann natürlich schon sein, dass Sie etwas falsch gemacht haben, aber das will doch kein Kunde hören und das hilft auch nicht die Beschwerde aufzulösen.
Steigern wir uns noch ein klein wenig und belehren Sie auch noch den Kunden. Nach dem Motto: „Das stimmt nicht.“, „Unsere Software lässt das gar nicht zu!“.

Oder verweigern Sie die Zuständigkeit. 

Man lässt den Kunden in der Warteschleife und er wurde schon mehrmals verbunden.
Das kann dann nur mehr getoppt werden mit der unendlichen Geschichte des Kleinredens. „Jetzt regen Sie sich doch nicht auf. So tragisch ist das doch gar nicht. Das kann doch einmal vorkommen.“

Und irgendwann explodiert selbst der gutmütigste Kunde vor Ihnen.

Aber jetzt verlassen wir dieses Terrain und bewegen uns rasch auf die Methode zu die uns hilft eine Beschwerde ordentlich, zu Zufriedenheit des Kunden und zum Nutzen des Unternehmens abzuwickeln.
Zur effizienten Bearbeitung einer Beschwerde habe ich ein sechs-stufiges Konzept mitgebracht.

Dieses Konzept beginnt einmal mit der Entschuldigung. Als nächstes kommt das Verständnis zeigen, die Analyse – wie kam es zu dieser Fehlersituation -, das Auflösen für den Kunden, einen würdigen Abschluss finden und als sechste Stufe geht es noch zurück ins Unternehmen durch das Aufarbeiten der Beschwerde, weil erst wenn das geschieht kommt keine zweite Beschwere zum selben Thema.

Hier gibt es im Beschwerdemanagement einen tollen Spruch: Jede Beschwerde ist willkommen, aber nur zum ersten Mal. 
Kommt eine Beschwerde zum zweiten, dritten, vierten Mal, dann haben wir etwas falsch gemacht. Nämlich das Aufarbeiten vergessen. Das erste Mal ist eine Beschwerde Teil des Verbesserungsprozesses und damit wertvolle Beratung durch den Kunden.
Steigen wir nun ein.

Der erste Schritt ist die Entschuldigung.

Das ist für viele Menschen unheimlich schwierig. Manchmal wird angenommen, dass eine Entschuldigung gleich ein Schuldeingeständnis ist. Das ist aber nicht der Fall. Sie können auch sagen „Es tut mir leid, dass sie Unannehmlichkeiten haben.“ Und das tut es ja auch. Es kann Ihnen auch leidtun, dass es zu einem Missverständnis gekommen ist. Es tut Ihnen sicherlich leid, dass Ihr Kunde mit dem Fahrzeug mit dem er gerade beim Service war liegengeblieben ist, oder dass Ihre Software die Faktura falsch ausgegeben hat. Natürlich tut Ihnen das Leid. Das heißt aber noch nicht, dass die Software fehlerhaft ist oder das Auto falsch serviciert wurde. Aber aus der Sicht des Kunden ist es das wertvollste Gut das er bekommen kann – eine Entschuldigung. „Es tut mir Leid.“ ist die schönste Form der Entschuldigung und bei weitem eben kein Schuldeingeständnis, nimmt aber Druck aus dem Kochtopf. Nimmt Stress weg vom Kunden. Das sind dann die ersten Sätze und diese entscheiden das Verhalten des Kunden. Geht es weiter Richtung Eskalation oder beruhigt sich der Kunde und wird damit das Gespräch auch für Sie um vieles angenehmer.

Der zweite Schritt ist Verständnis zeigen. 

Das ist natürlich gekoppelt mit aktivem Zuhören und aktives Zuhören bedeutet nicht nur schweigen und zuhören vortäuschen, sondern Verständnisfragen stellen. „Habe ich Sie richtig verstanden, dass…“, „Sind Sie verärgert weil…“ - aber bitte nicht kindisch werden und bei jedem Satz des Kunden eine Gegenfrage stellen um aktives Verständnis zu zeigen. Versuchen Sie den Kunden auf den Punkt zu bringen. Die beste Antwort eines Kunden wäre hier: „Ja genau.“. Dann weiß der Kunde Sie haben Ihn verstanden und das ist das Wertvollste was man in dieser Phase bekommen kann.

Wir kommen damit zur Analyse. 

Jetzt geht es darum abzuklären ob das Verständnis deckungsgleich ist. Hier können Aussagen getätigt werden wie: „Ich darf kurz zusammenfassen.“, „Bitte korrigieren Sie mich, wenn ich mit meiner Zusammenfassung falsch liege.“. Hier gilt es wiederum Druck herauszunehmen. Wenn die Schritte bisher gut gelungen sind, dann wird man hier auf ein sehr partnerschaftliches Gesprächsklima treffen. Man wird sich auf Augenhöhe unterhalten können und ein bisschen auf der gemeinsamen Suche nach Lösungen sein, denn die Analyse ist die Basis der Lösungen. Erst wenn die Fehlersituation in der Software analysiert wurde – wie kam es dazu, was wurde gemacht und was war dann das Ergebnis – dann kann man den nächsten Schritt setzen.

Dieser nächste Schritt ist die Auflösung. 

Irgendwann muss man zu einer Lösung kommen. Man muss die Beschwerde als solches auflösen. Das ist sehr unterschiedlich und kann ein kleines Geschenk sein, ein Preisnachlass, eine Nachbesserung, ein Gratisservice und vieles mehr -  die Bandbreite ist hier so mannigfaltig wie die Wirtschaftssituationen die wir hier vorfinden. Eine Lösung ist bei keiner Situation eine gute Lösung - die Lösung Geld zurück. Diese Lösung bedeutet ja nur, dass der Kunde keine Lösung hat. Er hat das Produkt nicht mehr, sondern nur mehr das Geld und ist mit Ihrem Unternehmen jedenfalls nicht zufrieden. Er ist ja mit einem konkreten Problem zu Ihnen gekommen. Er wollte ja ein Produkt kaufen und Geld zurück ist keine gute Lösung.
Ganz wichtig beim Auflösen ist auch, dass Sie das Pouvoir haben. Also wenn Sie einen Lösungsvorschlag machen, dann muss der auch halten. Denn Sie vertreten in dieser Sekunde das Unternehmen. Egal ob sie intern überhaupt dieses Recht hätten, aus der Sicht des Kunden haben Sie sich das Recht genommen und dann muss es auch funktionieren. Nur so haben wir eine wirkliche Auflösung der Beschwerde erreicht. 
Viele Mitarbeiter im Kundenkontakt stoppen dann an dieser Stelle und sind wirklich glücklich. „Gott sei Dank, ich habe eine Lösung gefunden. Der Kunde ist zufrieden und wir gehen möglichst rasch auseinander.“ Das wird dann oft auch physisch so gesehen. Sie streben auseinander. Der Kunde verlässt das Geschäft, das Autohaus oder Büro und auch der Kundenbetreuer verabschiedet sich sehr rasch und zieht seiner Wege. Das ist allerdings der falsche Ansatz. 

Sie müssen zu einem Abschluss kommen. 

Der Abschluss muss noch einmal besprochen werden, denn es ist schon häufig vorgekommen, wenn diese Abschlussarbeit nicht gemacht wird, dass es unterschiedliche Verständnislagen gibt. Das was der Kunde gehört hat ist vielleicht nicht das was Sie gesagt oder gemeint haben. Und wer hat dann Recht? Wieder der Kunde und was beginnt dann? Genau, die nächste Beschwerde. Also schützen Sie sich davor indem Sie nochmal alles zusammenfassen. Bei etwas komplexeren Themen ist eine schriftliche Zusammenfassung per E-Mail durchaus anzuraten. 

Einen Abschluss finden. Lieber noch einmal drauf bleiben. 

Es sollte immer ein bisschen ein unangenehmes Gefühl beim Kundenbetreuer auslösen. Er bleibt noch ein bisschen länger stehen und bespricht alles noch einmal und wartet auch ab, ob von Seiten des Kunden eine Frage kommt und dann verlässt der Kunde das Geschäft und nicht der Servicemitarbeiter verlässt den Kunden. 
Dann kommt der wichtigste Punkt, damit wir diese Beschwerde nicht noch einmal bekommen. 

Wir müssen die Beschwerde auch intern aufarbeiten. 

Irgendjemand muss aktiv werden und seinen Kolleginnen und Kollegen berichten was vorgefallen ist. Es mit dem Chef besprechen oder in der nächsten Teambesprechung, vielleicht die Prozesse anpassen. Auch hier sind viele Möglichkeiten gegeben und irgendeine davon sollte gewählt werden.
Wie schon erwähnt gibt es den Spruch und der hat auch Gültigkeit: „Jede Beschwerde ist wertvoll, aber nur beim ersten Mal!“. Beim ersten Mal ist eine Beschwerde eine gratis Beratung durch Ihren Kunden.
Bringen wir vielleicht noch ein kleines Beispiel ein, das jeder als Kunde schon einmal erlebt hat.
  • Ein Kunde ärgert sich über die soeben gekaufte Waschmaschine – hier können Sie jedes andere technische Gerät auch einsetzen – etwas scheint hier nicht zu funktionieren und mit der Betriebsanleitung kommt er nicht weiter. 
  • Er beschwert sich bei einem Mitarbeiter der Firma, wo er die Waschmaschine gekauft hat. 
  • Im günstigen Fall wird nun ersichtlich, dass die Betriebsanleitung wirklich ein bisschen missverständlich und kompliziert verfasst wurde und damit nicht für jedermann verständlich ist. 
  • Das Ganze löst dann einen Prozess aus, was in manchen Konzernen natürlich eine Zeit lang dauern kann, diese Betriebsanleitung zu verbessern, weil diese Beschwerde ein guter Hinweis war.
Im schlechtesten Fall wird nichts gemacht und nur der Kunde nur darauf hingewiesen, dass er die Betriebsanleitung falsch verstanden hat. Er zieht von dannen und fühlt sich für dumm verkauft. Weil er etwas nicht verstanden haben soll, was sonst jeder versteht nur er eben nicht. 
  • Wird er bei dieser Firma noch etwas kaufen? 
  • Wird er sich nochmals die Möglichkeit geben eine Betriebsanleitung nicht zu verstehen? 
  • Wird er das Unternehmen weiterempfehlen? 
Ich glaube eher nicht.
Eine Beschwerde ist immer auch eine Chance etwas zu verbessern, etwas zu lernen, etwas mit anderen Augen zu sehen. Das eigene Unternehmen, die Dienstleistung oder Produkte von außen zu betrachten. Dasselbe was ein Betriebsberater macht, nur müssen Sie bei diesem bezahlen. Ein Kunde der sich beschwert möchte weiterhin mit Ihrem Unternehmen in geschäftlichen Kontakt bleiben, deshalb gibt er Ihnen die Chance sich zu verbessern. 

Die richtige Behandlung von Beschwerden ist oft sehr umsatzförderlich. 

Denn Kunden, deren Beschwerde gut behandelt wurde, sind loyaler als solche Kunden die nie eine Beschwerde vorzubringen haben. Das ist auch verständlich, denn was hat der Kunde erlebt? Er hat erlebt wie Sie als Unternehmen reagieren, wenn es zu einem Problem kommt. Sie haben, durch eine gute Behandlung einer Beschwerde, ein Problemlösungskonzept präsentiert. Sie haben Ihre Kompetenz unter Beweis gestellt und das ist für jeden Kunden sehr wertvoll.

Zu guter Letzt noch eine Zahl aus der Kundenzufriedenheitsanalyse. 

Ein Kunde der unzufrieden ist, spricht über seine Unzufriedenheit mit bis zu acht Menschen. Ein Kunde der zufrieden ist leider nur mit bis zu drei Menschen. Also ist es doppelt wichtig einen Kunden, der mit einer Beschwerde zu Ihnen kommt, zufrieden zu stellen. Das Verhältnis ist so extrem.
Schauen Sie, dass Sie Beschwerden effizient und kundenfreundlich abwickeln und die sechs Schritte sind hierzu eine gute Möglichkeit. 

Damit alles Gute und bis zum nächsten Mal.






Michael Holub
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